Samstag, 17. September 2022

Heinrich Heine als politischer Dichter

Heinrich Heine


Der Journalist und Dichter Heinrich Heine war ein Freigeist, Querdenker und begnadeter Analyst - und lebte zur falschen Zeit im falschen Land. Denn Presse- und Meinungsfreiheit gab es im Deutschland des frühen 19. Jahrhundert nicht. Nicht einmal Deutschland gab es als einheitlichen Staat - das Gebiet der heutigen Bundesrepublik war ein Flickenteppich aus Königreichen und Fürstentümern.

Gedanken von Freiheit und Gleichheit, die er auf Papier brachte, wurden von den Zensoren zerpflückt oder komplett erstickt, bevor Verleger sie drucken und verbreiten konnten. Damit wollte und konnte sich Heine nicht abfinden. Er suchte die Öffentlichkeit, war sich seines Könnens sicher. Seinem Frust machte er satirisch unter anderem in seinen "Reisebildern" Luft: ein ganzes Kapitel füllte er nur mit Spiegelstrichen, dazwischen die Worte "Die deutschen Zensoren" und "Dummköpfe".

Heinrich Heine emigrierte 1831 nach der Juli-Revolution nach Frankreich in die Zauberstadt. Heine wandelte sich in seiner Pariser Zeit zum politischen Dichter. In dieser Zeit erfolgte seine Politisierung der Schriftstellerei und der Lyrik.

In Frankreich genoß Heine großes Ansehen, weil der gegen die Teutomanmie und für die deutsch-französische Verständigung kämpfte. Er repäsentierte den "guten" Deutschen, weil er im Grunde französisch dachte und schrieb. Heine, der selbst unter dem Nationalismus und Chauvinismus in seiner Heimat zu leiden hatte, war der Repräsentant eines anderen, besseren Deutschlands.

In der zweiten Phase seines Schaffens in den 1830er/40er Jahren trat Heines Interesse an der gesellschaftlichen Realität in den Vordergrund. Seine Forderung lautet: eine neue Literatur für eine neue Zeit. Heine verlangte von den Schriftstellern, Stellung zu nehmen zu den politischen Ereignissen, um dadurch die gesellschaftliche Entwicklung in Deutschland voranzutreiben.


Seine Bekanntschaft mit den Saint-Simonisten in Paris hat sein Weltbild geprägt und sein politisches Denken beeinflusst. Der Saint-Simonismus war ihm als eine der wichtigsten Neuerungen der Gegenwart erschienen, der er als sozialer Theorie gegenüber den politischsen Parteibildungen, die nur auf eine Änderungen der politischen Machtverhältnisse hinzielte, entschieden den Vorzug gab.

Was Heine an dieser Doktrin besonders interessierte, war zu einen ihr universalistischer Charakter, der alle Lebensbereiche umfaßte und dabei doch auf einer rationalistischen, den Geschichtsprozeß schon weitgehend als Klassenauseinandersetzung definierenden Geschichtstheorie aufbaute. Zum anderen die besondere Betonung der Rehabilitation des Fleisches, der Wiedereinsetzung körperlicher Bedürfnisse und Genüsse in ihre angestammten Rechte, d.h. dei Ausbalancierung des christlichen Spiritualismus durch einen pantheisitischen Sensualismus.

Seine politische Ansichten waren dem Frühsozialismus entlehnt. Vorstellung einer Gesellschaft geprägt von sozialer und materieller Gleichheit. Leben als universales Dasein emanzipatorische Gedanken.

Die zeitweilige Begeisterung für den Saint-Simonismus fand ihren Niederschlag in einem 1833 entstandenen programmatischen Gedicht aus dem Seraphin-Zyklus, in dem Heine die Vision eines neeun Zeitalters formulierte.

Heines Selbstverständnis: Er verstand sich als freier, unabhängiger Dichter und Journalist und sah sich Zeit seines Lebens keiner politischen Strömung verpflichtet. Heine kündigte einen neuen Stil an, der sich von den politischen Stänkerreimen unterscheiden sollte.

Heine fehlte es nicht an pathetischer Selbststilisierung. Stilisierung als braver Soldat im Befreiungskrieg der Menschheit.


1843 schrieb Heine sein Gedicht »Nachtgedanken« mit dem oft zitierten Eingangsvers:

"Denk ich an Deutschland in der Nacht,
Dann bin ich um den Schlaf gebracht,
Ich kann nicht mehr die Augen schließen,
Und meine heißen Thränen fließen."


Die „deutschen Sorgen“ Heines betrafen nicht nur die politischen Zustände jenseits des Rheins, sondern auch seine mittlerweile verwitwete, allein lebende Mutter, deren Wohnung dem großen Hamburger Stadtbrand von 1842 zum Opfer gefallen war.

Deutlich wird dies in den "Neuen Gedichten" von 1848. In dieser Zeit entstand eine Vielzahl von satirischen Texten und Gedichten, die wegen der strengen Zensur oft nur in verdeckter Weise Gesellschaftskritik enthielten.


Weblinks:

Heinrich Heine – der „entlaufene Romantiker“ - www.derweg.org

Heinrich Heine - einflussreicheleute.wordpress.com


Literatur:


Heinrich Heine in Paris
Heinrich Heine in Paris
von Jörg Aufenanger

Samstag, 10. September 2022

Heinrich Heine als deutscher Dichter (E)

Heinrich Heine




Heine war ein Exzentriker, der sich selbst für den größten deutschen Lyriker hielt. Heine gilt als „letzter Dichter der Romantik“ und zugleich als deren Überwinder.
Um als Dichter der Deutschen zu gelten,

Heine wurde aus verletzter Liebe zum Dichter. In seiner Dichtung ging der Liebeslyriker Heine von der Romantik aus, ohne selbst Romantiker zu sein. In seinen spätromantischen Gedichten verband er Empfindungsreichtum mit Ironie und Satire.

Zu Heines Leistungen gehörten: Als Dichter machte die Alltagssprache lyrikfähig, erhob das Feuilleton und den Reisebericht zur Kunstform und verlieh der deutschen Literatur eine zuvor nicht gekannte elegante Leichtigkeit. Die Werke kaum eines anderen Dichters deutscher Sprache wurden bis heute so häufig übersetzt und vertont.

Später verspottete er als politischer Dichter in seiner scharfzüngigen lyrischen Dichtung die Obrigkeit des reaktionären Metternichen Regierungssystems.

Seine politischen und zeitkritischen Schriften stecken voll bissiger Ironie.

Heine wetterte mit spitzer Feder und spöttischer Ironie gegen die reaktionäre Regierung.

Heine betonte den Trost durch Humor oder Wortwitz.

Heines spöttisch-ironische Versdichtung brachte ihn in Konflikt mir der Obrigkeit, die ihn der Zensur unterlegen wollte.
Dieser Konfikt führte dazu, dass Heine schliesslich nach Frankreich auswanderte und ins Exil ging.

In seinen spätromantischen Gedichten verband er Empfindungsreichtum mit Ironie und Satire.

Der Journalist und Dichter Heinrich Heine war ein Freigeist, Querdenker und begnadeter Analyst - und lebte zur falschen Zeit im falschen Land. Denn Presse- und Meinungsfreiheit gab es im Deutschland des frühen 19. Jahrhundert nicht. Nicht einmal Deutschland gab es als einheitlichen Staat - das Gebiet der heutigen Bundesrepublik war ein Flickenteppich aus Königreichen und Fürstentümern.

Gedanken von Freiheit und Gleichheit, die er auf Papier brachte, wurden von den Zensoren zerpflückt oder komplett erstickt, bevor Verleger sie drucken und verbreiten konnten. Damit wollte und konnte sich Heine nicht abfinden. Er suchte die Öffentlichkeit, war sich seines Könnens sicher. Seinem Frust machte er satirisch unter anderem in seinen "Reisebildern" Luft: ein ganzes Kapitel füllte er nur mit Spiegelstrichen, dazwischen die Worte "Die deutschen Zensoren" und "Dummköpfe".


In Deutschland erwarteten ihn Perspektivlosigkeit und drohte ihm eine Verhaftung wegen „demagogischer Umtriebe“.


Lyrik:

Sämtliche Gedichte


Sämtliche Gedichte in zeitlicher Folge> von Heinrich Heine

Samstag, 14. Mai 2022

Heinrich Heine Reisebilder

Reisebilder


Reisebilder


Der erste Band der »Reisebilder« erschien im Mai 1826. Der Band vereinte die »Harzreise« mit den 88 Gedichten der »Heimkehr« und der ersten Abteilung der »Nordsee«. In der zweiten Auflage von 1850 ergänzte »Nordsee II« die erste Abteilung. Dem Bauprinzip der einzelnen Texte entsprach die lose Reihenform der Bände.

Der Titel »Reisebilder« ist eine komplette Sammlung von Heinrich Heines gesammelten Reiseerzählungen. Darin enthalten sind die Gedichte »Die Harzreise«, »Die Nordsee«, »Das Buch Le Grand«, »Reise von München nach Genua«, »Die Bäder von Lucca«, »Die Stadt Lucca«, »Englische Fragmente«.

Die Reisebilder sind eine lyrische Schilderung seiner Reiseeindrücke, spöttisch verarbeitet und satirisch dargestellt und aufbereitet. Mit den Reisebildern wurde Heinrich Heine berühmt, es gelang ihm nicht nur der Durchbruch auf dem nationalen und sogar internationalen Literaturmarkt, er wurde auch zur Leitfigur einer ganzen Schriftstellergeneration.

Die Maxime dieser Literatur steckt in dem einen Wort »Bewegung«. Heine bewegte sich durch ein Europa, das selbst in heftige Bewegung geraten war, die Bewegung der Emanzipation, des Sich-Losreißens vom Gängelband der Bevorrechteten, der Aristokratie.

Der Dichter fand in dem Sammelwerk seinen bewegten Stil, der locker zwischen Schilderungen von Orten, Landschaften, Sehenswürdigkeiten, Geschichten, Erlebnissen, Polemik, Satire, Abschweifung, Witz und Reflexion wechselt.

Die »Reisebilder« waren nur Sammelname und Mantel für verschiedene literarische Formen und Genres und Gattungen: für Reiseberichte, feuilletonistische Skizzen, Korrespondenzartikel, Aufsatze und Essays ebenso wie für Übersetzungen, Gedichte und Xenien. Mit dem von ihm erfundenen Gattungsbegriff sprengte Heine die literarischen Traditionen und Konventionen.

Während die Gedichte im Publikum lange Zeit nur eine vergleichsweise schwache Resonanz fanden, sorgte die Reisebilder mit ihrer funkelnden Prosa für Furorre und ließ Heine zum wortführer der jungen Autorengeneration avancieren.

Mit der Verbindung von prägnantem, konstruktiv durchgebildetem Witzstil, spielerisch-poetischem Assoziationsprinzip und scharfer Gesellschaftskritik legte Heine den Grundstein zu seinem Ruhm und rief auch bald Nachahmer auf den Plan. Dabei waren Heines ästhetische Optionen ähnlich wie in der Lyrik auch bei den Reisebildern eher konservativ:

Mit der Gesellschaftsnähe der Texte, seiner Neigung zur Personalsatire und zum hyperbolischen sprechen, dem Prinzip der Stilmischung und einer in ausgefeilte rhetorische Figuren gekleideten Formulierungskunst griff er vorklassizistische Traditionen auf.

Samstag, 9. Oktober 2021

Heinrich Heines Studienjahre (K)

Heinrich Heine



Heine nahm im Jahr 1819 das Studium der Rechts- und Kameralwissenschaft auf, obwohl ihn beide Fächer wenig interessierten. Zunächst schrieb er sich in die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn ein und wurde Mitglied der Burschenschaft »Allemannia«, die unter dem Tarnnamen »Allgemeinheit« auftrat.

Heine belegte in Bonn nur eine einzige juristische Vorlesung, dagegen hörte er im Wintersemester 1819/20 die Vorlesung zur Geschichte der deutschen Sprache und Poesie von August Wilhelm Schlegel. Der Mitbegründer der Romantik übte einen starken literarischen Einfluss auf den jungen Heine aus, was diesen aber nicht daran hinderte, sich in späteren Werken spöttisch über Schlegel zu äußern. Das Gleiche widerfuhr einem weiteren seiner Bonner Lehrer, Ernst Moritz Arndt, dessen nationalistische Ansichten Heine in späteren Gedichten und Prosatexten mehrfach aufs Korn nahm. In seiner Bonner Zeit übersetzte Heine Werke des romantischen englischen Dichters Lord Byron ins Deutsche.

Im Wintersemester 1820/21 ging er an die Georg-August-Universität Göttingen, die bei dem jungen Heine nicht gut wegkam, da er sie als äußerst rückständig und geistig wenig anregend empfand. Positiv bewertete er lediglich die Vorlesung des Historikers Georg Friedrich Sartorius über deutsche Geschichte. Noch Jahre später beschrieb er die Universitätsstadt in Die Harzreise voller Sarkasmus und Ironie:

»Im Allgemeinen werden die Bewohner Göttingens eingetheilt in Studenten, Professoren, Philister und Vieh; welche vier Stände doch nichts weniger als streng geschieden sind. Der Viehstand ist der bedeutendste. Die Namen aller Studenten und aller ordentlichen und unordentlichen Professoren hier herzuzählen, wäre zu weitläuftig; auch sind mir in diesem Augenblick nicht alle Studentennamen im Gedächtnisse, und unter den Professoren sind manche, die noch gar keinen Namen haben. Die Zahl der göttinger Philister muß sehr groß seyn, wie Sand, oder besser gesagt, wie Koth am Meer; wahrlich, wenn ich sie des Morgens, mit ihren schmutzigen Gesichtern und weißen Rechnungen, vor den Pforten des akademischen Gerichtes aufgepflanzt sah, so mochte ich kaum begreifen, wie Gott nur so viel Lumpenpack erschaffen konnte.« Reisebilder (1824)


Es kam in seinem Falle geradeso wie es kommen musste, denn bereits wenige Wochen nach seiner Ankunft musste Heine die angesehene Universität wieder verlassen. Der Universitätsleitung war zu Ohren gekommen, dass er seinen Kommilitonen Wilhelm Wibel wegen einer Beleidigung zum Duell gefordert hatte. Wibel als Beleidiger wurde daraufhin relegiert, während Heine das consilium abeundi erhielt. Nachdem Heine sich in einem Bordell eine Geschlechtskrankheit zugezogen hatte, schloss ihn wenig später auch die Burschenschaft, der er in Bonn beigetreten war, wegen „Vergehens gegen die Keuschheit“ aus.

Heine wechselte an die Berliner Universität, wo er von 1821 bis 1823 studierte und u. a. Vorlesungen von Georg Wilhelm Friedrich Hegel hörte. Dessen Philosophie prägte das Geschichtsverständnis und die Kunsttheorie Heines. Wie die Junghegelianer wandelte er aber die konservativen Elemente des Hegelschen Denkens „in sozialen und religiösen Radikalismus“ um.

Bald fand Heine Anschluß und Kontakt zu den literarischen Zirkeln Berlins und war regelmäßiger Gast im Salon Elise von Hohenhausens sowie im sogenannten Zweiten Salon Rahel Varnhagens. Rahel und ihr Mann Karl August Varnhagen von Ense blieben Heine freundschaftlich verbunden und förderten seine Karriere, indem sie seine frühen Werke positiv besprachen und ihm weitere Kontakte vermittelten, beispielsweise zu Varnhagens Schwester Rosa Maria Assing, deren Salon in Hamburg er frequentierte. Varnhagen von Ense stand bis zu Heines Tod in einem regen Briefwechsel mit ihm.

Mittwoch, 15. September 2021

Heinrich Heine als neuer Schriftstellertypus

Heinrich Heine



Mit Heinrich Heine betrat Anfang des 19. Jahrhunderts ein völlig neuer Schriftstellertypus die kulturelle Szene. Ein Schriftsteller, der das Werkzeug der Sprache nicht benutzt, um eine ästhetische Gegenwelt zu kreiren, nicht um die ewigen und ehernen Gesetzt der Kunst und des Menschen erneut zu beschwören und nicht, um dem Humanismus der vergehenden Kunstepoche erneut ein Ständchen zu bringen, sondern der mit seinen Texten und Gedichten direkt in die Wirklichkeit eingreift, versucht Einfluss zu nehmen und herauszufordern. Und dies alles tut er mit Gedichten. Ein unerhörter Vorgang.

Durch seine spöttische Dichtung als Kritik der politischen Verhältnisse seiner Zeit gilt Heine als einer der Begründer der modernen Literatur. Der junge Heine wurde durch seine Liebeslyrik bekannt.

Ein Schriftsteller, der das Werkzeug der Sprache nicht benutzte, um eine ästhetische Gegenwelt zu kreiren, nicht um die ewigen und ehernen Gesetzt der Kunst und des Menschen erneut zu beschwören und nicht, um dem Humanismus der vergehenden Kunstepoche erneut ein Ständchen zu bringen, sondern der mit seinen Texten und Gedichten direkt in die Wirklichkeit eingreift, versuchte Einfluss zu nehmen und herauszufordern. Und dies alles tat er mit Gedichten. Ein unerhörter Vorgang.

Der Dichter schrieb poesievoll und kunstfertig in der Sprache, die wir heute noch sprechen, in einem direkten, schnörkellosen, ja beinahe kunstlosen Deutsch, welches aber dennoch so poetisch und gefühlvoll war, dass es bisweilen reinste Poesie zu sein scheint, ehe wieder ein beißender Spott die Oberhand gewann.

Heine war ein Mann mit zwei Gesichtern. Heine vereinigte von Anbeginn diese beiden Seiten in sich: den poetischen Melancholiker, Romantiker und Epikureer auf der einen Seite und den scharfen, ironischen, eloquent sarkastischen Kritiker auf der anderen Seite.

Literatur:

Heinrich Heine
Heinrich Heine von Ludwig Marcuse

Samstag, 11. September 2021

Heinrich Heine als neuer Schriftsteller- und Dichtertypus

Heinrich Heine



Mit Heinrich Heine betrat Anfang des 19. Jahrhunderts ein völlig neuer Schriftsteller- und Dichtertypus die kulturelle Szene. Durch seine spöttische Dichtung als Kritik der politischen Verhältnisse seiner Zeit gilt Heine als einer der Begründer der modernen Literatur. Der junge Heine wurde durch seine Liebeslyrik bekannt.

Mit der verbindung von prägnantem, konstruktiv durchgebildetem Witzstil, spielerisch-poetischem Assoziationsprinzip und scharfer Gesellschaftskritik legte Heine den Grundstein zu seinem Ruhm und rief auch bald Nachahmer auf den Plan. Dabei waren Heines ästhetische Optionen ähnlich wie in der Lyrik auch bei den Reisebildern eher konservativ: Mit der Gesellschaftsnähe der Texte, seiner Neigung zur Personalsatire und zum hyperbolischen sprechen, dem Prinzip der Stilmischung und einer in ausgefeilte rhetorische Figuren gekleideten Formulierungskunst griff er vorklassizistische Traditionen auf.

Ein Schriftsteller, der das Werkzeug der Sprache nicht benutzt, um eine ästhetische Gegenwelt zu kreiren, nicht um die ewigen und ehernen Gesetzt der Kunst und des Menschen erneut zu beschwören und nicht, um dem Humanismus der vergehenden Kunstepoche erneut ein Ständchen zu bringen, sondern der mit seinen Texten und Gedichten direkt in die Wirklichkeit eingreift, versucht Einfluss zu nehmen und herauszufordern. Und dies alles tat er mit Gedichten. Ein unerhörter Vorgang. Heine wurde damit als Schriftsteller einer unserer ältesten Zeitgenossen.

Der deutsche Dichter schrieb poesievoll und kunstfertig in der Sprache, die wir heute noch sprechen, in einem direkten, schnörkellosen, ja beinahe kunstlosen Deutsch, welches aber dennoch so poetisch und gefühlvoll ist, dass es bisweilen reinste Poesie zu sein scheint, ehe wieder ein beißender Spott die Oberhand gewinnt.

Heine vereinigte von Anbeginn diese beiden Seiten in sich: den poetischen Melancholiker, Romantiker und Epikureer auf der einen Seite und den scharfen, ironischen, eloquent sarkastischen Kritiker auf der anderen Seite.

Literatur:

Heinrich Heine
Heinrich Heine von Ludwig Marcuse

Samstag, 1. Mai 2021

Heine in Paris

Paris um 1830

Am 1. Mai 1831 reiste Heine, 33 Jahre alt, nach Paris, wo er als einmal in einem früheren französischen Hoheitsgebiet Geborener Bleiberecht hatte und als bereits bekannter und von deutschen Behörden verfolgter deutscher Dichter recht freundlich aufgenommen wurde. Weil es ihm in Paris gefiel, blieb er – abgesehen von zwei kurzen illegalen Besuchen seiner Mutter in Hamburg - bis zu seinem Tod am 17. Februar 1856.

Heinrich Heine, einer der prominentesten Paris-Verehrer, verbrachte die Hälfte seines Lebens in der Stadt seiner Träume. Paris war für ihn eine »Zauberstadt« und die geistige Hauptstadt Europas. Seine Begeisterung für die Revolution von 1830 in Frankreich und für Paris hatte ihn in die Hauptstadt geführt.

»Ich befinde mich wie Heine in Paris«, schrieb Heinrich Heine euphorisch kurz nach seiner Ankunft im Jahr 1831. Er genoß es, die freie Luft der Weltstadt zu atmen. Eine tiefe Sehnsucht hatte sich erfüllt.


»Sogar die Schrecknisse, die man im eigenen Herzen mitgebracht hat nach Paris,

verlieren dort ihre beängstigenden Schauer. Die Schmerzen werden sofort gesänftigt.

In dieser Luft heilen die Wunden schneller als irgendanderswo.

Es ist in dieser Luft so etwas Großmütiges, so Mildreiches, so Liebenswürdiges.«


Anfang Mai kommt Heine in "die schöne Zauberstadt". Da war er 33 Jahre alt und er wird den Rest seines Lebens dort verbringen. Bald lernte er in einer Pariser Passage eine Schuhverkäuferin kennen, seine große Liebe, die er Mathilde nannte - darüber hinaus aber auch in den Salons die bedeutenden Dichter, Maler und Musiker der Epoche, Balzac, George Sand, Delacroix, Berlioz und viele andere.

Denn Paris war gerade im Begriff, die geistige und kulturelle Metropole Europas zu werden. In Deutschland war Heine ein gescheiterter Jurist, der mit mäßigem Erfolg dichtete.


In Frankreich war er ein Poet, ein freier Mensch, der ein Leben nach seinem Gusto führen konnte. Als er siebzehn Jahre später, ausgerechnet im Revolutionsjahr 1848, an Rückenmarksschwindsucht erkrankte und bis zu seinem Tod 1856 seine »Matratzengruft« kaum mehr verlassen konnte, mussten seine Freunde zu ihm in die Dachwohnung hochsteigen. Doch Paris blieb für ihn die Stadt, die er liebte.

Literatur:


Heinrich Heine in Paris
Heinrich Heine in Paris
von Jörg Aufenanger